Heizölpreise – Aktuelle Marktanalyse und Preisprognose (31. August 2012)

31. August 2012

1. Die aktuelle Lage

2. Der Rohölpreis

3. Gasoil und Heizöl

4. Heizölpreise: Fazit und vergleichende Prognose  Direkt dorthin springen

1. Die aktuelle Lage

Die Heizölpreise haben wie erwartet etwas nachgegeben. Sie liegen aktuell bei 92 Euro. Allerdings ist der Pfad Richtung 90 Euro holpriger als erwartet. Die Märkte warten auf die Rede von Ben Bernanke, dem Fed-Chef, in Jackson Hole am späten Freitagnachmittag (MEZ). Große Überraschungen sind dort allerdings nicht zu erwarten, denn Bernanke wird die Märkte bei Laune und gleichzeitig sein Pulver bis zur nächsten regulären Fed-Sitzung trocken halten müssen. Der Rohölpreis könnte allerdings je nach Interpretation der Rede einige Stunden lang heftig schwanken, aber sich dann am Montag wieder beruhigen.

Mit leichter Verspätung ist der hohe Ölpreis jetzt auch in der hohen Politik angekommen: Das Spitzengremium der großen Industrieländer (G7) fordert die OPEC auf, die Produktion so stark zu erhöhen, dass die Preise fallen. Andernfalls werden die strategischen Reserven freigegeben. Ein Vorstoß, der an Konsequenz kaum zu unterbieten ist, denn gleichzeitig boykottiert man seit Jahresbeginn die Exporte des zweitgrößten Opec-Förderlandes Iran.

Auch Frankreichs Initiative, mit einem Federstrich die Tankstellenpreise zu senken, vermag nicht zu überzeugen. Mit solchen Vergünstigungen sind Mitnahmeeffekte und Verknappungen vorprogrammiert. Paris öffnet damit die Büchse der Pandora, die bekanntlich kaum mehr geschlossen werden kann. Der Präzedenzfall ist jetzt da: Steigen die Ölpreise, springt der Staat in die Bresche und stabilisiert dadurch die Ölnachfrage. Die Lenkungsfunktion der Preise geht verloren, ein riskanter Energiepfad wird zementiert – auch auf Kosten all derer, die längst auf nachhaltigere Lösungen setzen.

Heizölpreise 2008-2012

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© Energiepolitik.DE (Bukold); Datenquelle: esyoil GmbH; 3000 l (schwefelarm)

2. Der Rohölpreis

Entspannende Signale sendet der Rohölmarkt:

– Die Serie schrumpfender Lagerbestände in den US-Wochenberichten ging zu Ende.

– Der Hurrikan Isaac hat die Ölindustrie im Golf von Mexiko nur für einige Tage zum Stillstand gebracht, jedoch kaum bleibende Schäden angerichtet.

– Die OPEC-Förderung scheint stabil zu bleiben und nicht wie befürchtet weiter reduziert zu werden. Aber Förderung ist nicht dasselbe wie Export. Man muss daher noch ein, zwei Wochen warten, bis sich die Lage beurteilen lässt.

– Der Euro hält sich bei 1,25 Dollar.

Trotzdem will der Brent-Rohölpreis nicht deutlich nachgeben. Er hält sich bei durchschnittlich 112-113 $/b und liegt damit genau auf dem Stand vor einem Jahr. Der anziehende Euro sorgt für einen leicht fallenden Rohölpreis von 90 Euro. Das liegt aber immer noch deutlich über den 79 Euro, die vor einem Jahr gezahlt werden mussten.

Die Preisimpulse kommen weniger aus dem Rohölmarkt selbst. Sie sind vor allem das Ergebnis von zwei Faktoren:

(1) optimistischere Finanzinvestoren, die ihre Wetten auf steigende Ölpreise ausgebaut haben; dahinter stehen Makro-Hedgefonds, die auf eine bessere Weltkonjunktur setzen und Hedgefondstypen, die auf die Korrelationen mit anderen Märkten, etwa zu den boomenden US-Aktienmärkten oder die Fortsetzung der lockeren Geldpolitik bauen.

(2) hohe Raffineriemargen, die von Händlern weltweit als „phänomenal“ und „phantastisch“ beschrieben werden; hohe Margen erhöhen den Anreiz zur Produktion und damit zum Einkauf von Rohöl. Der RMM-Margenindikator liegt zur Zeit 50% über den Werten des Vorjahresquartals.

Brent-Rohöl in Dollar und Euro (bis 31.8.2012)

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© EnergyComment Bukold; Datenquellen: ICE/Bloomberg BWave; Wochendurchschnittswerte

 

3. Gasoil und Heizöl

Die europäische Versorgungslage für Gasoil und andere Produkte wie Benzin, Jet Fuel und Naphtha bleibt weiter angespannt. Die anhaltende Backwardation (aktuelle Lieferung ist teurer als spätere Lieferungen) verhindert weiter den Lageraufbau bei Gasoil vor der kalten Jahreszeit. Für den September scheinen sich die meisten Raffinerien in Nordwesteuropa eingedeckt zu haben, aber dann beginnt die große Maintenance-Saison ab Ende September. Die Versorgung mit Gasoil, und damit auch für Heizöl, wird schwieriger und teurer. Sollte es zu einem frühen Kälteeinbruch kommen, könnten die Heizölpreise rapide anziehen.

Gasoil (ICE) bis 31.8.2012

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© EnergyComment Bukold; Datenquellen: ICE/Bloomberg GWave; Wochendurchschnittswerte; Frontmonat

Viele Heizölkäufer haben sich schon im Juni eingedeckt. Die aktuellen amtlichen Daten liegen deutlich höher als bislang vermutet: 1,9 Mio. Tonnen Heizöl wurden im Juni an die Einzelhändler abgesetzt. Das ist fast doppelt so viel wie im Juni 2011. Im Juli und August scheint der Absatz hingegen recht schwach gewesen zu sein. Im Moment schätzen Händler, dass die Heizöltanks der Endverbraucher zu 56% gefüllt sind. Das sind nur 3 Prozentpunkte mehr als im Juli.

Das Doppelschaubild verdeutlicht die Lage: Die Gasoil-Margen haben in den letzten beiden Wochen angezogen und sind diese Woche auf einem Jahreshoch (linkes Schaubild). Die Gasoil-Heizöl-Marge sackt dagegen ab – zum Nachteil vieler Heizölhändler. Hier zeigt sich die immer noch zurückhaltende Nachfrage.

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© EnergyComment / Bukold – Wochendurchschnittswerte BWave, GWave, HEL (schwefelarm) 3000 l lt. esyoil GmbH

Nebenbei bemerkt: Für eine Gasoil-Verknappung der besonderen Art sorgten diese Woche Piraten vor Togo (Westafrika). Sie entführten einen Gasöl-Tanker mit einer Ladung von 56.000 Tonnen. Sie stahlen unbemerkt 3000 Tonnen und ließen das Schiff dann vor Nigeria zurück. Der Golf von Guinea entwickelt sich neben Ostafrika und Südostasien immer mehr zu einem dritten gefährlichen Fahrgebiet. Ähnliches gilt für das benachbarte Nigerdelta, wo Jahrzehnte rücksichtsloser Ölförderung und korrupter Regierungen zu einem Zusammenbruch der Zivilgesellschaft und der Umwelt geführt haben. Viele Vorfälle werden von den Reedern vertraulich behandelt, so dass von einer großen Dunkelziffer ausgegangen wird.

Wichtiger für den deutschen Heizölmarkt ist jedoch die Meldung, dass die Raffinerie in Ingolstadt (ex Petroplus) nach sieben Monaten Stillstand ihre Produktion wieder aufgenommen hat. Ende 2011 hatten die Banken dem damals größten unabhängigen Raffineriekonzern Europas neue Kredite verweigert. Vorangegangen war eine mehrjährige, zuweilen abenteuerlich wirkende Expansionstour des US-Chefs. Vier der fünf Raffinerien haben ihre Tore unter neuen Eignern wieder eröffnet – darunter auch Ingolstadt, das nun der russisch-schweizerischen Gunvor gehört. Gunvor ist einer der größen Ölhändler der Welt.

Die Raffinerie in Ingolstadt kann 5 Mio. Tonnen Produkte im Jahr produzieren und gehört damit zu den mittelgroßen Anbietern in Deutschland. Sie versorgt insbesondere Bayern mit Heizöl, Benzin, Diesel und Bitumen. Im Freistaat hatte sie einen Marktanteil von etwa 25 Prozent. Es wird interessant sein zu beobachten, ob die bayrischen Heizölpreise jetzt wieder auf den Bundesdurchschnitt sinken.  Zudem wird sich zeigen, ob der im EU-Vergleich ungewöhnlich starke Aufwärtstrend der deutschen Kraftstoffpreise ein Raffinerieproblem war, wie von MWV und EID mehrfach vermutet wurde.

      Heizölabsatz

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 © EnergyComment Bukold; Datenquelle: BAFA, AGEB

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4. Heizölpreise: Fazit und vergleichende Preisprognose

Im letzten Marktbericht erwarteten wir ein Ende der Aufwärtsbewegung und einen Test der Marke von 90 Euro/100 l. Die Heizölpreise sinken in der Tat, allerdings nur sehr langsam. Im Moment hängen sie bei 92 Euro fest.

Wir sehen jedoch bei Rohöl (in Euro) nach wie vor nur ein geringes Aufwärtspotenzial. Ein leichter Konjunkturaufschwung und eine lockere Geldpolitik sind bereits eingepreist. Der Euro wird wohl eher stärker als schwächer werden.

Die Gasoilmargen könnten dagegen hoch bleiben. Die globale Versorgungslage ist angespannt und ein plötzlicher Kälteeinbruch z.B. im Nordosten der USA oder in Südostkanada würde dazu führen, dass die Gasoil-Tanker aus New York Harbor Richtung Europa ausbleiben. Da die Raffinerien in Europa und in den USA im Oktober ohnehin nur wenig produzieren können (Maintenance), wäre ein steil steigender Gasölpreis die Folge.

Risiken sind also vorhanden. Bei normaler Witterung in Europa und den USA rechnen wir allerdings mit einer Fortsetzung der Konsolidierung. Heizölpreise um die 90 Euro sind schon in der kommenden Woche möglich.

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Und das sagen andere Kommentare zum Thema Heizölpreise (31. August 2012):

◊ esyoil:  Heizölpreis hängt von Bernanke-Rede ab

◊ HeizOel24: kein Urteil, alles ist möglich

◊ FastEnergy: Heizölpreise seitwärts

◊ Brennstoffspiegel: Heizölpreise seitwärts

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Unsere Analyse erscheint regelmäßig ein bis zwei Mal pro Woche. Der Link zum jeweils aktuellsten Bericht ist:
http://www.energiepolitik.de/thema/heizoelpreise/

Autor: Dr. Steffen Bukold (Infos)

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