US-Heizölmarkt hebt deutsche Preise – Raffineriemargen auf Allzeithoch

8. Okt. 2012 – Warum geben die Heizölpreise trotz schwächelnder Rohölpreise und stabilem Euro nicht nach? Unser aktueller Bericht zum Heizölmarkt hatte auf den wichtigsten Faktor hingewiesen: Die starke Ausweitung der Margen in der Ölbranche. Die Raffineriemargen liegen sogar auf einem neuen Allzeithoch von sage und schreibe 23,50 Dollar je Barrel für die Hauptprodukte Gasoil und Benzin.

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Kurzfristige Abhilfe ist nicht in Sicht, denn die Lagermengen liegen auf beiden Seiten des Atlantiks unter dem Durchschnitt. Zahlreiche Raffineriestörungen und eine ungünstige Lage auf dem Terminmarkt (Backwardation) haben die saisonal übliche Aufstockung der Vorräte in diesem Sommer behindert.

(1) Das gilt besonders für die USA. Dort werden die Gasöl-Lager zusätzlich durch die steigenden Exporte dezimiert: Zur Zeit werden im Schnitt 1 mb/d Mitteldestillate (Diesel, Heizöl) exportiert, aber nur etwa 0,1 mb/d importiert.

Hinzu kommt ein wichtiger regulativer Faktor:

Immer mehr Bundesstaaten in den USA verlangen quasi schwefelfreies Heizöl mit nur noch 15 ppm (parts per million) Schwefelanteil. Zum Vergleich: In Deutschland gilt die neue Norm für schwefelarmes Heizöl bereits bei Anteilen unter 50 ppm. Die Vorgaben der Bundesstaaten entsprechen der Spezifikation für US-Dieselkraftstoff und ungefähr auch der deutschen Dieselspezifikation (10 ppm). Die Märkte für Diesel und Heizöl wachsen dadurch stärker zusammen.

Die amerikanische Ölbörse Nymex hat bereits reagiert: Der wichtige No.2 Heating Oil Contract folgt ab April 2013 den neuen Schwefelgrenzen.

Für den Dieselmarkt hat das den positiven Nebeneffekt, dass er die Preisrisiken 1:1 über den neuen Kontrakt hedgen kann. Bislang musste das „um die Ecke“ über den Heizölkontrakt an der Börse oder – zu deutlich höheren Kosten – außerbörslich im OTC-Markt arrangiert werden.

Für den Heizölmarkt hat die Veränderung jedoch einen preistreibenden Effekt:
(a) Längerfristig werden sich die Heizölpreise den US-Dieselpreisen annähern müssen. Andernfalls steigen die Exporte.
(b) Kurzfristig werden in der Region New York die am Nymex-Kontrakt orientierten Heizöltanks auf einem sehr geringen Niveau bleiben, bis die neue Spezifikation in Kraft tritt. Bis zum Frühjahr wird es also in den USA keine Entspannung für die Heizölpreise geben. Das könnte auch den europäischen Heizölmarkt und Dieselmarkt belasten, sobald die Preisdifferenz die Transportkosten in die USA übersteigt.

Diese Verknappungen bei Heizöl und Gasoil haben sich auch bei den Ölbörsen herumgesprochen: Seit Monaten steigen die Wetten (net long positions) der Hedgefonds auf amerikanisches Heizöl (Nymex) sowie Gasoil (ICE). Gasoil ist das Vorprodukt für Diesel und Heizöl. Die Trader setzten auf eine winterliche Verknappung von Heizöl und Diesel insbesondere in Deutschland, dem größten Heizölmarkt der Welt, und in den USA, dem zweitgrößten Heizölmarkt der Welt.

Im Nordosten der USA liegen die Heizölvorräte schon seit dem Frühjahr 2012 weit unter dem langjährigen Durchschnitt – mit entsprechenden Folgen für die Heizölpreise, die im Nordosten der USA (Mass.) mit 1,02 Dollar/Liter (0,78 Euro) zur Zeit deutlich über den Benzinpreisen liegen.

(2) In Europa ist die Lage zwar etwas günstiger als in den USA, aber durch den Arbitragehandel und die Annäherung der Produkteigenschaften wachsen die Märkte noch stärker zusammen. Die Lagermengen liegen in der ARA-Region (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) leicht unter dem langjährigen Durchschnitt, soweit sich aus den dürftigen Daten hierzu überhaupt etwas ableiten lässt.

Aber die Nachfrage nach Gasoil, also Diesel und Heizöl, tendiert weiterhin schwach. Die Heizöltanks der Endverbraucher sind in etwa genauso voll wie vor einem Jahr, nur der Handel sitzt auf schmalen Vorratspolstern. Viele potenzielle Käufer entscheiden sich bei Heizölpreisen um die 93 c/l erst einmal abzuwarten.

Auf der Angebotsseite ist die Lage nicht komfortabel, aber auch nicht so ernst wie noch im Sommer erwartet wurde: Die ex-Petroplus Raffinerie in Ingolstadt hat ihre Arbeit unter dem neuen Eigner Gunvor wieder aufgenommen. Auch die Anlagen in Antwerpen, Cressier und Petit Couronne sind noch im Markt.

Die Knappheit wird in Europa könnte bei einem milden Winter schon am Jahresende auslaufen, in den USA aber erst im kommenden Frühjahr – je nachdem, wie streng der Winter ausfällt. Für die deutschen Heizölkäufer lohnt sich also das Abwarten – wenn kein strenger Winter kommt.


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