Benzinpreisstudie von EnergyComment – die Debatte mit dem Mineralölwirtschaftsverband

EnergyComment Blogpost 5. April 2012
Superbenzin (Update): Margen im März weiter gestiegen

In unserer Kurzstudie vom 9.März im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen hatten wir ausgeführt, dass die Tankstellenpreise für Superbenzin von Ende November bis Anfang März um 11,3 Eurocent/Liter gestiegen waren. Davon ließen sich nur 6,6 Cent durch höhere Rohölpreise oder einen veränderten Euro/Dollar-Kurs erklären. Die restlichen 4,7 Cent waren das Ergebnis einer Margenausweitung der Mineralölkonzerne. Die nicht durch steigende Kosten erklärbare Mehrbelastung der Tankstellenkunden summierte sich auf knapp 100 Mio. Euro pro Monat.

In der Zwischenzeit (Anfang März bis 30. März) ist der Euro minimal stärker geworden, und die Rohölpreise sind leicht gefallen. Daraus ergibt sich, dass die Einkaufspreise der Konzernraffinerien zum Stichtag rechnerisch um 1-2 Prozent günstiger geworden sind.

Trotzdem stiegen die Tankstellenpreise um durchschnittlich weitere 2 Cent an (alle steuerlichen Effekte wurden hier bereits herausgerechnet). Dadurch legte die Bruttomarge bei Superbenzin (d.h. Tankstellenpreis minus Rohölpreis) weiter zu: von 11,52 Eurocent/Liter Ende November über 16,25 Eurocent/Liter Anfang März auf 19,49 Eurocent/Liter Ende März. Zum Vergleich: Ein Liter Rohöl (Brent) kostete Ende März 58 Eurocent/Liter.

Das ist ein ungewöhnlich steiler Anstieg der Marge um 69 Prozent in nur vier Monaten. Da es keine Hinweise auf zusätzliche relevante Kostensteigerungen gibt, ermöglicht dieser Trend entsprechend höhere operative Gewinne. Über den Kostenanstieg hinaus fand also eine Umverteilung zu Lasten der Tankstellenkunden statt. Diese Mehrbelastung kletterte – wenn man sie  hochrechnet auf den Zeitraum eines Monats –  von knapp 100 Mio. Euro (Anfang März) auf 167 Millionen Euro pro Monat (Ende März).

EnergyComment Blogpost 3. April 2012
Deutsche Tankstellenpreise steigen schneller als im EU-Durchschnitt

Hierzu mein Artikel auf ZEIT ONLINE:

http://www.zeit.de/auto/2012-04/benzinpreis-kraftstoffmarkt

EnergyComment Blogpost 28. März 2012
Tankstellenpreise, Peak Oil und Ölverknappung

Ein Interview mit Steffen Bukold in der Augsburger Allgemeinen (Michael Kerler): Link und in der Berliner Zeitung (Stefan Sauer): Link sowie ein Interview zur Benzinpreis-Studie im Deutschlandfunk.

 

EnergyComment Blogpost 28. März 2012

Stellungnahme zur Pressemitteilung des Mineralölwirtschaftsverbandes vom 21. März 2012

Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) hat am heutigen Tag mit einer Pressemitteilung auf die Kurzstudie reagiert, die von EnergyComment (Steffen Bukold) im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen (MdB Bärbel Höhn) erstellt wurde. In knappen Worten spricht der MWV von „völlig falschen Ergebnissen“.

1. Wir begrüßen die Stellungnahme des MWV, da eine offene Diskussion zur Versachlichung der stark emotionalisierten Debatte über Tankstellenpreise beiträgt.

2. Ebenfalls begrüßenswert ist, dass der MWV offenbar nicht mehr (wie z.B. in seiner Pressemitteilung vom 23. Februar 2012 und diversen Medienauftritten) davon ausgeht, dass der Verweis auf höhere Rohölpreise und schwankende Wechselkurse ausreicht, den Anstieg der Tankstellenpreise zu erklären. Diese sachlich nicht korrekte Interpretation der Preisentwicklung war der Anlass für die Kurzstudie gewesen. Insofern wird das Hauptergebnis der Studie durch diese Pressemitteilung des MWV bestätigt.

3. Wir widersprechen allerdings der Methode, die der MWV in seiner aktuellen Pressemitteilung für die Berechnung der Downstream-Margen (also der Einnahmen zwischen Rohöltanker und Tankstelle) zugrunde legt. In
der Kurzstudie wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Margenausweitung bei Superbenzin in den Raffinerien der Mineralölkonzerne stattgefunden hat. Der MWV schließt diesen Konzernbereich ohne nähere Begründung aus seiner Betrachtung aus, obwohl Raffinerien nach dem eigenen Verständnis des MWV (Link), ebenso wie in der sachlichen Gliederung der Konzernbilanzen, zum Downstream-Sektor gehören und die Eigentümer dieser Raffinerien dieselben Mineralölkonzerne sind, die auch im Tankstellengeschäft den Markt dominieren.

Der Rotterdamer Raffinerieproduktenmarkt ist zweifellos vielfältigen Wettbewerbs- und Kosteneinflüssen ausgesetzt, aber das gilt ebenso für andere Teilmärkte, die vom MWV berücksichtigt werden, wie z.B. für den Markt für Binnenschifftransporte auf dem Rhein oder auch für den Tankstellenmarkt. Insofern ist es willkürlich, ausgerechnet den für die aktuelle Margenausweitung verantwortlichen Teilbereich, also die Raffinerien, außer Acht zu lassen.

Daher halten wir weiterhin an dem Ergebnis fest, dass Rohölpreise und Eurokurse nicht ausreichen, den Anstieg der Benzinpreise zu erklären. Der Mineralölbranche ist es in den letzten Monaten nicht nur gelungen, steigende Rohölpreise in vollem Umfang weiterzugeben, sondern zusätzlich ihre Margen deutlich zu erhöhen.

Dr. Steffen Bukold, Leiter EnergyComment/DCEB

 

EnergyComment Blogpost 21. März 2012

Kurzstudie: Rekordpreise an den Tankstellen: Allein durch steigende Rohölpreise und schwachen Euro erklärbar?

Kurzstudie im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis90 / Die Grünen: Rekordpreise an den Tankstellen: Allein durch steigende Rohölpreise und schwachen Euro erklärbar?

Für Medienanfragen: Büro MdB Bärbel Höhn (Auftraggeberin) – Link oder EnergyComment/DCEB Dr. Steffen Bukold (Autor der Studie) per Email erreichbar unter: bukold@energycomment.de

Aus der Zusammenfassung: 

„Rekordpreise für Superbenzin und Diesel an den deutschen Tankstellen haben eine lebhafte

Debatte über die Ursachen ausgelöst: Branchenvertreter erklären den Preisanstieg durch höhere

Rohölpreise und einen schwachen Euro, also die Weitergabe steigender Kosten an die

Verbraucher. Kritische Stimmen vermuten dagegen, dass es der Mineralölbranche im

Windschatten der Irankrise seit Jahresbeginn zusätzlich gelungen sei, ihre Margen auf Kosten der

Tankstellenkunden auszuweiten. Vor diesem Hintergrund wurde die Preisentwicklung von Ende

November 2011 bis Anfang März 2012 mit folgenden Ergebnissen analysiert:

1. Superbenzin:

Die Tankstellenpreise für Superbenzin sind um 11,3 Eurocent/Liter gestiegen. Nur 6,6 Eurocent/

Liter (58 Prozent des Preisanstiegs) lassen sich durch höhere Rohölpreise oder einen veränderten

Wechselkurs Euro/Dollar erklären. Die restlichen 4,7 Eurocent/Liter (42 Prozent des Preisanstiegs)

sind das Ergebnis höherer Bruttomargen in der Mineralölbranche.

Die Bruttomarge für Superbenzin (Tankstellenpreis minus Rohölpreis) wuchs zu Lasten der

Tankstellenkunden kontinuierlich von 11,52 auf 16,25 Eurocent, also um 41 Prozent. Bei einem

Absatz von 2,1 Milliarden Liter Superbenzin ergibt sich daraus eine finanzielle Mehrbelastung der

Tankstellenkunden von 98 Millionen Euro pro Monat.

2. Diesel:

Die Bruttomarge für Dieselkraftstoff (Tankstellenpreis minus Rohölpreis) fiel zunächst im Dezember

von 23,19 auf 18,80 Eurocent/Liter und stieg seit Jahresbeginn unter großen Schwankungen bis

Anfang März wieder auf 22,27 Eurocent/Liter. Die Dieselmargo blieb im Beobachtungszeitraum auf

einem vergleichsweise hohen Niveau, hat sich aber per Saldo kaum verändert.

3. Downstream-Analyse:

Die Ausweitung der Margen erfolgte in jeweils unterschiedlichen Sektoren der Mineralölbranche:

Die kontinuierliche Ausweitung der Benzin-Bruttomarge fand vor allem in den Raffinerien der

Mineralölkonzerne statt. Die Ausweitung der Diesel-Bruttomarge seit Jahresbeginn war vor allem

im Kettenabschnitt Inlandstransport-Handel-Tankstelle zu beobachten, sowohl zu Lasten der

Raffinerien als auch zu Lasten der Tankstellenkunden.

4. Fazit

In einem Markt mit hohem Wettbewerbsdruck wäre zu erwarten, dass steil steigende

Einkaufspreise zunächst zu einer Einengung der Margen führen, also nicht problemlos 1:1 auf dem

Markt durchgesetzt werden können.

Die Auswertung zeigt jedoch, dass es der Mineralölbranche nicht nur gelungen ist, die steigenden

Rohstoffkosten in vollem Umfang weiterzugeben, sondern auch die Margen auszuweiten. Das galt

für Superbenzin sehr deutlich und kontinuierlich, während die Margen für Diesel per Saldo stabil

blieben. Da es keine Hinweise auf zusätzliche relevante Kostenveränderungen gibt, führten diese

höheren Margen in der Branche zu entsprechend höheren operativen Gewinnen.

5. Schlussbemerkung

Diese Kurzstudie zeigt, dass Marktmonitoring und Verbraucheraufklärung notwendig sind, um die

Diskussion über die Ursachen hoher Tankstellenpreise zu versachlichen.

Doch selbst bei optimalen Marktverhältnissen bleibt das ölpolitische Grundproblem ungelöst:

Rohöl wird immer knapper und teurer. Peak Oil steht vor der Tür. Jede Störung in der

Ölversorgung wird starke Preisbewegungen auslösen, die durch Rohstoffspekulation zusätzlich

angeheizt werden. Nur mit langfristig angelegten ölpolitischen Initiativen auf nationaler und

internationaler Ebene kann diese Herausforderung bewältigt werden.“

 


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