Das Thema Wasserstoff hat in diesem Jahr weiter an Fahrt aufgenommen. Berlin und Brüssel veröffentlichten weitreichende Strategiepapiere.
Doch wie soll dieser Markthochlauf einer Wasserstoffwirtschaft ablaufen? Welcher Pfad verspricht die besten Ergebnisse beim Klimaschutz, bei den Kosten und für neue Arbeitsplätze?
Die Studie analysiert dazu in mehreren Szenarien die Optionen für einen Markthochlauf in den Jahren 2020-2040. Sie kombiniert eine detaillierte Simulation des deutschen Strommarktes mit unterschiedlichen Fahrweisen von Elektrolyseuren und Kostentrends in der Wasserstoffwirtschaft.
1. Die Studienergebnisse zeigen, dass Grüner Wasserstoff nicht nur beim Klimaschutz die überlegene Option ist. Auch bei den Kosten schneidet Grüner Wasserstoff deutlich besser ab. Dasselbe gilt für die Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze in Deutschland. Entscheidende Voraussetzung dafür ist allerdings der rasche Ausbau des Grünstromangebots.
2. Die besten Resultate zeigt das grüne Szenario Beschleunigung. Hier wird das Angebot an Solar- und Windstrom sehr zügig ausgebaut; also deutlich schneller als von der Bundesregierung geplant. Die Strompreise liegen dadurch immer häufiger auf einem attraktiven Niveau für die Wasserstoffproduktion. Das ermöglicht den Elektrolyseuren eine kostenoptimierte Fahrweise mit einem weitgehend dekarbonisierten Strommix.
Die Kosten für 1 MWh Wasserstoff fallen dadurch drastisch von 44,5 Euro (2025) auf 7,2 Euro (2040), während die Kosten für Blauen Wasserstoff von 60 auf 80 Euro steigen (vgl. Abb. unten; eine Kurzbeschreibung der Szenarien finden Sie auf S.7).
Auch beim Klimaschutz ist das Szenario Beschleunigung weit überlegen (vgl. Abb. nächste Seite). Die CO2-Emissionen fallen von 0,19 Tonnen CO2 je MWh Wasserstoff ab 2035 auf Null, da der genutzte Strommix bis dahin dekarbonisiert ist.
Demgegenüber sinken die Emissionen des Blauen Wasserstoffs selbst in einem maximal optimierten Szenario bis 2040 nur auf 0,06 Tonnen CO2 je MWh. In einem realistischeren Szenario sind die Fortschritte weitaus geringer. Die Emissionen sinken auf 0,21 Tonnen CO2 je MWh Wasserstoff und bleiben damit höher als in allen Szenarien mit Grünem Wasserstoff.
3. Blauer Wasserstoff kann daher keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Auch unter optimalen Bedingungen produziert er erhebliche Restemissionen.
Die Analysen zeigen, dass der Pfad mit Blauem Wasserstoff weitere strategische Schwachpunkte aufweist: So steigen die Kosten im Zeitverlauf, während sie bei Grünem Wasserstoff rasch fallen.
In der Praxis deutet sich ohnehin ein langwieriger Mangel an CO2-Speicherkapazitäten für deutsche Produzenten von Blauem Wasserstoff an. Die Ausbaupläne in der Nordsee richten sich fast ausschließlich an Emittenten der Anrainerstaaten. Aus dem Blauen Wasserstoff wird so de facto Grauer Wasserstoff.
Selbst wenn diese CO2-Speicher zur Verfügung stehen sollten, blockiert dieser Pfad wertvolle Speicheroptionen für Sektoren, in denen eine Dekarbonisierung schwierig bleibt, oder auch für später notwendige Negativemissionen (DAC, BECCS). Daraus wird langfristig ein Nullsummenspiel für den Klimaschutz.
4. Importe von Wasserstoff bzw. PtX-Stoffen sind auf lange Sicht kaum zu vermeiden, da die nötigen Wasserstoffmengen nicht allein in Deutschland produziert werden können. Dennoch scheint es überoptimistisch, auf Wasserstoffimporte zu setzen, ohne die inländische Produktion hochzufahren.
Das Importangebot wird bis weit nach 2030 knapp und teuer bleiben. Dieser Pfad bremst zudem die Dekarbonisierung in den Exportländern, so dass für den globalen Klimaschutz nichts gewonnen wäre.
5. Wo soll der Wasserstoff eingesetzt werden? In vielen Anwendungsbereichen gibt es Lösungen, die dem Wasserstoffeinsatz überlegen sind. Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sollte also stets im Kontext anderer Optionen bewertet werden. Wasserstoff ist kein Allheilmittel.
Die knappen Mengen an Grünem Wasserstoff sollten daher nicht von wenigen Großprojekten in Raffinerien oder im Stahlsektor absorbiert werden, für die es alternative Technikpfade gibt und deren langfristiger Fortbestand in einer dekarbonisierten Wirtschaft ohnehin fraglich ist.
Die Studie spricht sich stattdessen für einen breiten, dezentralen Einsatz aus, um Erfahrungen zu sammeln, die Projektkosten zu senken und um die heute bereits erkennbare Dynamik bei vielen Akteuren in den Regionen aufzugreifen und zu unterstützen.
Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sollte erst dann an Tempo zulegen, wenn nach einem ambitionierten EE-Stromausbau ausreichende Mengen an Grünem Wasserstoff angeboten werden können.

